Arzt-Patienten-Gespräch in Bildern

Förderverein unterstützt Willkommensangebot der Stadtbibliothek Bremen für Flüchtlinge
Ist der Schmerz stechend oder stumpf? Wann treten die Schmerzen auf? Solche Fragen beim Arzt zu beantworten, fällt Patienten häufig schwer. Noch schwieriger wird es, wenn man sie nicht in der eigenen Muttersprache, sondern in einer fremden Sprache beantworten soll. Vor dieser Herausforderung stehen aktuell viele Neuankömmlinge in Bremen. Deshalb haben die Stadtbibliothek Bremen und der Verein „Freunde der Stadtbibliothek“ sich entschlossen, auch hier zu unterstützen, diesmal mit so genannten „tip doc“-Büchern. Sie enthalten typische Situationen von Arzt-Patienten-Gesprächen, dargestellt in einfachen Bildern mit Untertiteln und entsprechenden Übersetzungen. Am Freitag, den 11. Dezember überreichten Rainer Kulenkampff und Matthias Pfeiffer vom Vorstand des Vereins der Freunde in Anwesenheit von Bibliotheksdirektorin Barbara Lison und Martin Renz (Leiter der Stadtteilbibliothek Bremen) die Bücher an die Leiterin der Vegesacker Flüchtlingsunterkunft, Assal Moghaddam.

Alle Übergangswohneinrichtungen die bereits eine Medienbox der Stadtbibliothek Bremen einsetzen, erhalten in den nächsten Wochen Exemplare in den Sprachen Arabisch-Französisch, Farsi-Englisch und Serbisch-Italienisch – jeweils in der Kombination mit Deutsch. Im Frühjahr wird die Stadtbibliothek Bremen weitere Medienboxen zur Verfügung stellen, darin sind die „tip doc“-Bücher dann schon enthalten. „Die Stadtbibliothek hat ja nicht nur Belletristik in vielen Sprachen, sondern möchte selbstverständlich auch im Lebensalltag unterstützen“, betonte Barbara Lison, Direktorin der Stadtbibliothek Bremen. Dass diese Unterstützung bei Flüchtlingen etwas spezifischer aussehen kann, wissen auch Rainer Kulenkampff und Matthias Pfeiffer vom Vorstand des Vereins der Freunde und freuen sich, „Informationen über solche Bücher vermitteln zu können und damit ganz praxisnah die brennenden politischen Fragen aufzugreifen“.

Dr. Cristian Deetz ist Kinderarzt im Ruhestand am Übergabetermin zu Besuch in der ASB-Übergangswohneinrichtung in Vegesack. Gemeinsam mit der Bewohnerin Lina Amini und ihren Söhnen probiert er das „tip doc“-Buch gleich aus. Amini kommt aus Afghanistan und spricht Farsi. Da sie erst seit Kurzem in Bremen ist, versteht und spricht sie noch kein Deutsch. Sie öffnet das Buch mit der Sprachenkombination Englisch-Deutsch-Farsi und zeigt auf ein Bild, das ein Kind mit starken Magenschmerzen zeigt. Dr. Deetz liest den Untertitel des Bildes: „Krämpfe“. Anhand weiterer Bilder erkundigt sich Dr. Deetz, ob ihr Sohn Iman (13 Jahre) auch Fieber habe oder sich erbrechen müsse. Er untersucht Iman und zeigt dann über die Bilder im Buch seine empfohlene Behandlung und dass Iman viel Tee trinken solle. „Das Buch ersetzt keinen Dolmetscher, aber die Idee ist super gut!“, fasst Dr. Deetz sein erstes Behandlungsgespräch mit tip doc zusammen. Ein Dolmetscher sei weiterhin wichtig, weil auch das beste Buch nicht alle individuellen Fälle aufgreifen könne. Lina Amini aber ist sehr zufrieden: Mit Hilfe der Bilder könne sie die Symptome sehr gut beschreiben und fühle sich selbstständiger, als wenn sie komplett auf einen Dolmetscher angewiesen sei. „Wie bei allen Wörterbüchern muss man den Umgang vorher üben und sich mit dem Aufbau der Kapitel auseinandersetzen“, beschreibt Martin Renz, Leiter der Stadtbibliothek Vegesack, die Herausforderungen der tip-docs. Deshalb wünscht sich Assal Moghaddam, Leiterin der Flüchtlingsunterkunft, dass auch mehr Arztpraxen diese Bücher kaufen und einsetzen – so könnten Ärzte und Patienten gemeinsam Sprachbarrieren überwinden.

14. November 2015